Dienstag, 4. Juni 2013

Tag 22 | Last Train Home

Als ich kurz vor 07:00 Uhr zum Speisesaal komme, steht dort schon eine Schlange an Leuten die darauf warten, dass sie das Frühstücksbuffet stürmen können. Es ist ihnen auch nicht zu verdenken, da die meisten Therapien zwischen 07:00 und 7:30 Uhr beginnen und man wenig Zeit für ein ruhiges Frühstück hat, wenn der Terminplan eng gesteckt ist. Ich geh erst mal vor die Tür um etwas Morgenluft zu schnappen. Das es regnet muss ich ja wohl nicht erwähnen.
Ich verlasse um 07:30 Uhr den Saal und verabschiede mich von meinen Tischkollegen. Auch von den neuen. Es sind wieder sehr viele neue Gesichter dabei die sich durchfragen wo welche Behandlungszimmer sind und wie sie denn dort hin kommen. Anfänger.

Ich hole noch meine Sachen vom Zimmer und gebe gemeinsam mit dem Schlüssel auch meine Therapiekarte ab und zeige noch ein Dokument, dass ich auch wirklich heute die Klinik verlassen darf. Im Gegenzug erhalte ich die Aufenthaltsbestätigung und einen Brief für meinen Arzt. Das Taxi wartet bereits vor der Tür, die älterer Dame öffnet mir den Kofferraum damit ich mein Gepäck einladen kann und ab geht's Richtung Bahnhof. Eine etwas unsichere Fahrweise legt die Dame an den Tag und ich bin froh als wir den Bahnhof erreichen.
Vom Bahnsteig aus kann ich die Klinik am Berg sehen. Ein letzter Blick den Hang hinauf bevor der Railjet pünktlich einfährt.

Tja, drei Wochen Reha sind nun vorbei und während ich die Zeilen hier schreibe sitze ich im Zug der mich nach Wien zurück bringt.
Ich hab in den letzten Wochen einige Leute kennengelernt  und hatte eine wirklich gute Zeit. Auch weil ich bald merkte, dass die Therapien bei mir anschlagen und es mir von Tag zu Tag besser ging. Ich habe aber auch gesehen, dass meine Verletzung im Gegensatz zu anderen hier, ein jammern am hohen Gesundheitsniveau ist.

Ein junger Kerl hatte sich bei Waldarbeiten den Unterschenkel mit der Motorsäge fast bis zur Gänze abgetrennt. Im Spital musste ihm dann das Bein unterhalb des Knies leider abgenommen werden. Schisportverletzungen wie mein Tischkollege Robert sie hat (gebrochenes Schienbein und Schienbeinkopf, gerissene Bänder) sind hier an der Tagesordnung. Ein junges Mädl ist auch hier mit gebrochenen Lendewirbeln nach einem Autounfall. Gleiche Ursache aber eine weit schlimmere Verletzung als bei mir. Ein Betrunkener ist frontal in das Auto gekracht und hat den Fahrer neben ihr getötet. Der Betrunke ist Querschnittgelähmt und sie hatte "Glück" mit zertrümmerten Wirbeln, kann sich aber noch immer nicht richtig bücken und hat Höllenschmerzen bei schnelleren Bewegungen. Laut den Ärzten wird sie nie wieder Schmerzfrei sein.

Ich bin froh, dass bei mir alles so ist wie es ist und danke wem auch immer dafür.

In wenigen Stunden werde ich also wieder meine Familie sehen und versuchen den Alltag zu bewältigen. Mit der Erkenntnis, dass ich selber auch aktiv werden muss um völlig Schmerzfrei zu werden, werde ich mir die Trainigspläne zu Herzen nehmen die ich mitbekommen habe. Wir werden schließlich alle nicht jünger.

Abschließend möchte ich mich bei Euch Allen, die in den letzten Wochen meinen Blog verfolgt und kommentiert haben, herzlich bedanken. Obwohl es doch anstrengend war jeden Tag zu berichten haben mich die Anekdoten dazu angespornt es trotzdem zu tun. Wäre ja schade um die schönen Erlebnisse wenn niemand davon erfährt.

In diesem Sinne verabschiede ich mich mit den Worten unseres Stratos-Felix: „I'm coming home now.“

Tag 21 | Geschafft!

Nach dem ich erfolgreich meine gestern verabsäumte Therapiestunde auf Heute verlegen konnte, ging ich mal frühstücken. Irgendwie habe ich heute keinen Appetit und trinke nur einen Tee und ein Glas Orangensaft. Natürlich kein frisch gepresster, sondern so ein Automatendrinkkonzentrat.

Auf geht's in den letzten Tag meiner orthopädischen Rehabilitation! Was passt da besser als den Tag in der Kraftkammer zu starten. Ich schraube ein letztes mal die Gewichte ein wenig höher und absolviere meine Geräterunde in kraftraubenden 25 Minuten.

Da ich bereits mein Bahnticket für morgen habe, bestelle ich mir an der Rezeption ein Taxi, welches mich morgen früh zum Bahnhof bringen soll. Die Dame an der Rezeption tätig einen Anruf und bestätigt mir, dass das Taxi morgen um 07:45 Uhr vor dem Eingang auf mich warten wird. Wenn ich schon mal da bin gebe ich auch gleich meinen ausgeborgten Regenschirm zurück und erhalte dafür meine €10 Kaution retour. Ohne Regenjacke oder Regenschirm war man hier in den letzten Tagen dem Wetter ausgeliefert. In den drei Wochen waren genau vier Tage mit Sonne und so warm dass man sich auch sonnen konnte. Die restlichen Tage gingen runter.

Auf zur Schlussuntersuchung und zu meiner Ärztin Dr. Buchhäusl. Nachdem alle Formalitäten bearbeitet wurden, untersucht sie mich noch einmal und checkt meine Beweglichkeit im Rücken und Lendenwirbelbereich. Sie lässt mich schon im Gespräch davor wissen, dass sie mit meiner Entwicklung in den letzten drei Wochen sehr zufrieden ist und sie auch von den Therapeuten ein gutes Feedback für meine aktive Mitarbeit erhalten hat. Mein Ziel bei der Ankunft war, meine Beweglichkeit und Mobilität zu verbessern und die Schmerzen auf ein Minimum zu reduzieren. Ich hab meine Ziele voll erreicht und fühle mich auch um einiges wohler und besser als noch vor wenigen Wochen.
Einzig mein Bauchumfang hat sich um einen Zentimeter vergrößert. Ich führe diesen Umstand auf zwei Faktoren zurück: erstens habe ich hier in den letzten 21 Tagen drei mal täglich eine vollwertige Kost zu mir genommen. Davon zwei warme Mahlzeiten - mittags und abends. Soviel esse ich normalerweise nicht. Und zweitens wurde natürlich auch die Muskeln ein wenig in Wallung gebracht und trainiert. Also sehe ich das eher locker.

Da wir gerade vom Essen sprechen. Beim Mittagstisch dominiert natürlich das Thema Hochwasser. Da doch recht viele hier aus Tirol, Oberösterreich und Niederösterreich sind, werden die Meldungen die von zu Hause kommen natürlich angesprochen. Seit ein paar Tagen ist die Stimmung hier schon auch angespannt und ein Ehepaar aus Tirol hat ihren Aufenthalt abgebrochen um zu Hause nach den Rechten zu sehen. Ist sicher keine einfache Situation für so manchen die Bilder von seiner Region im TV mit zu verfolgen.

Obwohl viele Leute im Moment gegen Schlamm und Wasser kämpfen, lege ich mich freiwillig in so ein Gemisch für die nächsten 25 Minuten. Die Schlammpackung hat für mich etwas total entspanntes, es regt dabei die Durchblutung an und ich schwitze auch ganz fest in dem Plastik-Wrap.

Bevor ich zur Pflegeentlassung gehe hab ich noch die letzte Ultraschallbehandlung. Unspektakuläre neun Minuten wo mit einer Ultraschallsonde der Bereich rund um die Lendenwirbel massiert wird. Vorher wird auf die betroffene Stelle massig Voltaren aufgetragen. So quasi als Gleitmittel.

Pflegentlassung. Ich hab mir das irgendwie anders vorgestellt aber ich war keine fünf Minuten im Raum, da war ich auch schon wieder vor der Tür. Abwiegen, Blutdruck messen, ein paar Fragen beantworten - danke das wars. Mit einem „Alles Gute für Sie!“ stehe auch auch schon in der Tür. Der Nächste, bitte.

Auf zur ultimativ letzten Einheit - der gestern verbockten Rückenschule. Ist echt angenehm auch weil wir nur zu zweit sind. Normalerweise tummeln sich da mindestens acht Patienten auf der Gymnastikmatte.
Das letzte mal noch den Rücken strecken und nach vorne über beugen. Zielflagge!!

Etwas traurig gehe ich aus dem Raum. Die Traurigkeit hält aber nur bis nach der Tür. Ich freu mich jetzt echt schon sehr wieder nach Hause zu kommen und meine Familie zu sehen von der ich doch drei Wochen getrennt war. Ob ich meine Kinder wieder erkennen werde? Oder meine Frau?...

Zum Abschluss gehe ich noch einmal ins Hallenbad, lass die Seele noch ein wenig baumeln und die letzten drei Wochen Revue passieren.

Zurück am Zimmer mache ich mich fürs letzte Abendmahl (es gibt Fisch...) fertig und danach wird Koffer gepackt. Ich denke, dass sich noch ein Abschlussgetränk in der Cafeteria danach auch noch ausgehen wird.
Morgen ist Abfahrt.

Montag, 3. Juni 2013

Tag 20 | Die nackte Oma

Damit mir heute niemand mein Rad wegschnappt, bin ich schon 10 Minuten vor 7 Uhr vor der Altis Arena. Offensichtlich ist die erste Partie schon ganz wild auf die Folterkammer da sehr viele Leute schon hier sind. Eine alte Frau sitzt auf einem Stuhl und häkelt völlig entspannt wohl ihr 328stes Nachttischdeckerl. Andere rutschen schon ungeduldig auf ihrem Sessel hin und her und warten nur darauf, dass sich das Fenster öffnet um ihre Therapiekarte einwerfen zu können.
Eigentlich denke ich mir, dass das eine ziemlich simple und effiziente Art ist, um festzustellen, ob der Patient auch hier ist. Ohne alle zwei Minuten seinen Namen aufrufen zu müssen. Ich hab den Gedanken noch nicht fertig gedacht da wird das Fenster aufgeschoben und alle stürmen dahin. Auch die Dame im Rollator vor mir nimmt eine beängstigende Fahrt auf. Von etwas weiter weg betrachtet, sieht die Meute aus als ob hier gratis Stützstrümpfe verteilt werden. Dabei ist es völlig egal wer hier zuerst seine Karte einwirft da eh alle Therapien Zeit- und Patientengebunden sind. Schließlich darf auch ich meine Karte einwerfen.

Ich werde aufgerufen und darf mich auf mein mir zugewiesenes Rad setzen. Nach 2-3 Minuten beginnt mein rechter Oberschenkel wieder zu ziehen. Eigentlich ist es nicht der Oberschenkel sondern mehr nur der Muskel im Gelenksbereich. Ich steige runter und melde meinen Schmerz. Mir wird gesagt dass ich damit zu meiner Heiltherapeutin gehen soll. Die soll sich das mal ansehen. Gut denke ich mir, bin in zwei Stunden sowieso bei Silke. Bis dahin soll ich es doch wenn möglich auf einem normalen Rad, ohne Rückenstütze, probieren. Siehe da, hier hält der Muskel und gibt bis zum Schluss eine Ruh'.

Während dem Frühstück erfahre ich, dass sich der Heinzi und sein Zimmerkollege seit Samstag in Quarantäne befinden. Stimmt, ich hab den Heinzi seit Freitag Mittag nicht mehr gesehen. Was aber nicht weiter verwunderlich ist, denn für gewöhnlich fahren die Patienten, die es nicht so weit nach Hause haben ab Freitag Nachmittag immer wieder gerne zur Familie. Angeblich klagen beide über Übelkeit, Erbrechen und Dünnschiss. Da beiß ich doch gleich genüsslich in mein Honigsemmerl.

Nach dem Ultraschall gehe ich zum letzten Mal zur Heilgymnastik mit Silke. Sie gibt mir noch ein paar Übungen zu machen während sie mir einen Plan für zuhause den ich unbedingt weiter machen soll erstellt. Wir quatschen noch ein wenig bevor wir uns endgültig von einander verabschieden. Ich bedanke mich für die tolle Zeit und auch dafür, dass sie meinen Rücken wieder etwas flotter bekommen hat.
Und nein, ich habe nicht vergessen wegen meinem Oberschenkel zu fragen. Silke sagt, was auch ich mir schon gedacht habe, dass die Fahrräder mit einer Rückenlehne auf Dauer nicht gut sind. Der Muskel und das Gelenk sind so eine Haltung zum strampeln nicht gewohnt. Da kann es schon mal passieren, dass es Probleme gibt. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Rad'ln muss ich hier eh nicht mehr.

Der Vormittag wird mit einer Massage abgerundet. Heute mal zur Abwechslung mit einem Herren. Der recht sympathische Endvierziger begrüßt mich und bittet mich auch gleich sich auf das Bett zu legen. Irgendetwas ist an dem Masseur anders. Sekunden später merke ich es, dass der Herr wohl entweder blind oder eine starke Sehschwäche hat. Er tastet sich an meinen Körper heran und greift nach meinen Händen um sie seitlich zu legen. Um es gleich vorweg zu nehmen - das war die beste Massage in den letzten drei Wochen! Er hat genau die Punkte erwischt die verspannt sind und erst locker gelassen wenn er den Muskel weich geknetet hat. Teilweise zu meinem Leidwesen. Als er im Halsbereich die seitlichen Muskelstränge in Angriff genommen hat, muss wohl ein kleiner Wimmerlaut von mir erklungen sein. Humor scheint er auch zu besitzen, da er mir sagt das ich schon deutlicher reden müsse. Er höre heute etwas schlecht.

Nach dem Mittagessen geht es ab zur letzten Planschbecken-Einheit. Die Unterwassergymnastik hat mir in den letzten Tagen auch sehr geholfen den Rücken wieder zu stabilisieren. Die Melly (Therapeutin) hat hier echt gute Arbeit gemacht und mich immer wieder dazu getrieben, den viel zitierten Schweinehund zu überwinden. Danke dafür.

Zurück am Zimmer schau ich noch einmal auf meinen Plan und sehe, dass ich um 14:30 Uhr die Rückenschule habe. Somit habe ich eine ungewöhnlich lange Pause zwischen zwei Einheiten. Was soll's denk ich mir, wird schon so stimmen.

Ich beginne meine Eindrücke vom Tag bisher Memomäßig einzuklopfen, damit ich dann am Abend nicht ein paar Sachen vergesse die sich vielleicht Tagsüber zugetragen haben. Apropos vergessen: es kurz vor 14:30 Uhr und ich begebe mich auf den Weg zur Rückenschule. Mich beschleicht aber noch immer ein komisches Gefühl und ich werfe noch einmal einen Blick auf meinen Therapieplan. Wie heißt es so schön - wer lesen kann ist klar im Vorteil.
Ich habe den Plan von letzten Montag gelesen und hätte schon um 13:30 Uhr in der Rückenschule sein sollen. Und in wenigen Minuten erwarten mich die Mädls für ein Hydroelektrisches Vollbad. Verdammt, voll eine Einheit ausgelassen! Ich laufe (naja, ich gehe schneller) zur Therapieleitstelle um meinen Fehler zu melden und vielleicht noch eine Einheit danach machen zu können. Immerhin habe ich morgen meinen letzten Tag und all zu viel Zeit für eine Extraeinheit habe ich dann auch nicht. Aber ich muss wohl bis morgen Früh warten, denn die Leitstelle ist nur bis 14 Uhr besetzt. Fuck!

Ich hoffe, dass es da morgen zu keinen Problemen kommt, sonst kann das schon ein wenig unangenehm werden. Am letzten Tag brauch ich echt keine Action mehr.

Mehr oder weniger entspannt nehme ich, wie schon vorhin erwähnt, mein Hydroelektrisches Vollbad und versuche die Welt rund um mich zu vergessen. Lichttherapie, Sprühregen und basslastige, chillige Musik sollen mir dabei helfen. Bis zu dem Zeitpunkt als eine nackte Oma vor mir steht. Bevor noch jemand zu schreien beginnen kann, höre ich schon die Therapeutin rufen: „Nit do eini, Frau Kretsch! Verschreckens ma den jungen Maun nit. Sie sand in dem Zimmer neben aun!“ Plötzlich schießt mir Al Bundy ins Gedächtnis, was er seiner Frau sagte nachdem er ein ähnliches Erlebnis hatte „Pegg, sie hatte keine Knie!“ ...

Fürs Kopfkino übernehme ich jetzt keine Verantwortung. Das Bild geht wohl auch nie wieder aus meinem Kopf raus.

Sonntag, 2. Juni 2013

Tag 19 | Pörtschach - Rauschfrei!

Das war mein erster Gedanke als wir in diese Ortschaft hineinfahren. Wer kann sich nicht noch an diesen Werbespruch über die angeblich beste Sprachverbindung des damaligen Mobilfunkanbieters „One“ erinnern? Ich bin mit meinem Tischkollegen Robert dabei eine Runde um den Wörthersee zu fahren. In Pörtschach angekommen stelle ich fest, dass hier wohl das Geld abgeschafft worden ist. Ich war schon ewig nicht mehr in diesem Winkel von Österreich und bin erstaunt, was hier alles gebaut wurde oder noch dabei ist zu entstehen. Alles natürlich zum Wohle der Touristen. Wie ich höre gibt es nur mehr ganz wenige öffentliche Zugänge zum See. Alles andere gehört zu einem der vielen Hotels, Pensionen oder ist in privater Hand eines Superreichen Promis.

Wir schlender entlang der Promenade und ich fühle mich wie im Urlaub. Nicht nur das viele Geschäfte offen haben (auch ein BILLA oder ein SPAR haben heute am SONNTAG offen), flanieren viele Leute durch den Ort oder sitzen in einer der vielen Cafes entlang der Straße. Allein das Wetter könnte besser sein. Zumindest regnet es nicht und es ist relativ mild. Nach gut einer Stunde geht's weiter Richtung Velden.

Auch hier das gleiche Bild. Geldprobleme dürfte nur das Land Kärnten haben aber die Gemeinden nicht. Wir setzen uns auf den Vorplatz des Casinos und schauen dem Treiben auf der Straße zu. Das Verkehrsaufkommen ist nicht viel weniger als z.B. auf der Mariahilferstraße. Aber WAS für Vehikel hier durch die Gegend chauffiert werden, ist ein anderes Thema. Bei einem Kaiserspritzer denke ich darüber nach, wann ich wohl das letzte Mal in Velden gewesen bin. Es war vor 16 Jahren als wir zu acht am Ossiachersee gecampt haben und uns in Villach alle in einer Spontanaktion die Haare blond färben ließen. Aber das ist eine andere Geschichte...

Kurz bevor wir Velden verlassen, kommen wir an einem Kindermoden-Geschäft vorbei das Aktionspreise für Trachtenmoden haben. 10 Minuten später komme ich mit einem Dirndl und einer Lederhose für die Kids aus dem Geschäft.

Weiter geht es nach Reifnitz wo noch die letzten Überbleibsln vom GTI-Treffen am Straßenrand zu sehen sind. Das es mittlerweile eine GTI-Statue in Originalgröße aus Stein gibt, ist für mich auch neu.

Wir kommen nach Klagenfurt und begeben uns zum Strand wo sich in wenigen Wochen die BeachvolleyballerInnen im Sand wühlen werden. An der Wörthersee-Bühne angekommen staune ich, dass neben Fendrich und Die Seer auch ein gewisser Brian May hier spielen wird! Sehr interessant. Wir schlendern weiter zum Schloss Loretto von wo man einen wirklich schönen Blick auf den See hat.

Bevor es wieder zurück geht nehmen wir noch ein Abendessen in Form einer köstlichen Pizza in der Villa Lido, erfreuen uns am Anblick des Wörthersee's und stellen uns vor wie die Sonne grad untergeht.

Am Heimweg machen wir noch einen kurzen Abstecher an den Ort wo damals wirklich die Sonne vom Kärntner-Himmel fiel - zur Gedenkstätte von Jörg Haider. Unglaublich wie viele Kerzen, Bilder und Gedichte hier abgelegt sind. Die Hausbesitzer vor denen die Gedenkstätte gebaut wurde, so sagt man, sind dabei das Haus zu verkaufen, da ihr Zaun mehr oder weniger zur Pilger- und Wallfahrtsstätte wurde.




Zurück in der Klinik spür ich ein wenig meinen Rücken. Waren doch viel zu Fuß unterwegs. War aber ein wirklich schöner Nachmittag und um einiges besser als hier zu sitzen und zu warten bis es dunkel wird. Abschließend noch ein schönes Bild vom Wörthersee mit Blick auf den in der Ferne neu errichteten Ausichtsturm am Pyramidenkogel. Da gabs auch mal eine Geschichte...



Samstag, 1. Juni 2013

Tag 18 | Klagenfurt

Was passiert wenn man vergisst sich den Wecker für Samstag Früh zu stellen? Man verpennt für gewöhnlich. Ich habe heute zwar schon verpennt aber ungewöhnlicherweise noch grad so das es sich ausging um kurz nach 7 Uhr am Rad zu sitzen. Die Therapeutin schaut mich mit ihren kleinen und verschlafen Augen an. Ihren Blick kann ich aber trotzdem so deuten, als das sie fragen würde warum ich nicht pünktlich sein kann. Ich schmettere ihr ein aufgesetzes und übertriebenes „Guten Morgen“ entgegen. Ein Anflug von Lächeln umringt ihren Mund. Na geht doch!

Ich besteige mein mir zugewiesenes Rad (man kann sich nicht einfach irgendeines nehmen) und beginne in die Pedale zu treten. Seit dem ich meinen iPod immer mithabe, geht das Radl'n wesentlich einfacher. Nach fünf Minuten spüre ich ein leichtes ziehen in meinem rechten Oberschenkel das nach weiteren zwei Minuten immer heftiger wird. Ich steig vom Rad, dehne den Oberschenkel und fahre fort. Ich muss in den nächsten Minuten immer wieder langsamer treten oder ganz aufhören, damit das Ziehen verschwindet. Plötzlich steht die Therapeutin hinter mir und fragt leicht genervt, wie lange ich den noch fahren möchte. Fünf Minuten, sag ich ihr, dann hätte ich meine 25 Minuten. Worauf sie süffisant meint: „Oba heit nit. Somstogs nur zwanzge. De näxte Partie woart scho.“ Gut, dann geh ich halt frühstücken.

Das ziehen im Oberschenkel macht mir zwar Sorgen, wird aber in der nächsten und für heute letzten Einheit, nicht mehr Akut - dem Nordic Walking. Ein Stunde mit Stock über Stein und durch den Wald spazieren wir in einer relativ großen Gruppe. Vielleicht war das Ziehen im Oberschenkel nur ein kleiner Vorgeschmack, denn nach dem ausgiebigen Spaziergang habe ich einen heftigen Muskelkater in beiden Oberschenkel. Ich entscheide mich dazu noch vor dem Mittagessen ins Hallenbad zu gehen und ein wenig zu relaxen und die Muskeln zu entspannen.

Nach dem Mittagessen entscheide ich mich kurzfristig mit zwei Frauen vom Nachbartisch nach Klagenfurt mitzufahren. Ich war schon ewig nicht mehr in der Lindwurm-Stadt. Dort angekommen merke ich auch gleich, dass ich nichts versäumt habe. Wir schlender durch die Altstadt, sitzen bei strahlend blauem Himmel und Sonne draußen in einem Cafe, essen Eis und trinken Cafe. Also ich nicht. Ich trink einen Spritzer, der echt gut war. So gut, dass ich gleich noch einen zweiten kosten musste.

Den Lindwurm haben wir natürlich auch gesehen. Leider wurde er ja angeblich ein Opfer von Vandalen die seinen Schwanz ruiniert haben. Wir sehen einen Restaurator, der sich liebevoll um des Wurms Fortsatz kümmert. Ein Foto davon ist natürlich unabkömmlich.




Schon während wir nach Klagenfurt gefahren sind, haben uns schwere schwarze Wolken begleitet. Der Himmel hat dankenswerter Weise bis zur Rückfahrt gewartet und erst dann wieder seine Schleusen geöffnet. Als wir in Althofen ankommen, hört der Regen wieder auf.

Klagenfurt war sicher eine willkommene Abwechslung nach den verregneten Tagen in der Klinik. Aber mehr dann auch schon nicht. Vielleicht geht's morgen nach Villach. Ins Kino.

Freitag, 31. Mai 2013

Tag 17 | Fast Schmerzfrei

Unbestätigten Gerüchten am Frühstückstisch zu Folge, gab es heute früh gegen 04:00 Uhr einen Feuerwehreinsatz wegen der anhaltenden Regenfälle bei einem Bauern in der Nachbarschaft. Am Nachbartisch wurde von Sirenengeheul um diese Uhrzeit erzählt. Obwohl ich bei gekipptem Fenster schlafe, kann ich das nicht bestätigen. Vielleicht gibt es ja da bis zum Abendessen mehr Information darüber.

Bereits um 07:00 Uhr liege ich am Bett bei der Nf-Wechselstrombehandlung. Heute wollen die Elektro-Pads nicht so recht auf meinem gestähltem Körper kleben bleiben und lösen damit einen Alarm aus der klingt, als wenn ich gleich den Löffel abgeben würde.

Nach dem Frühstück geht's ab zur Visite in die Reha-Ambulanz. Ich bin zwar nicht der einzige aber nach dem meine nächste Therapie erst um 10:00 Uhr beginnt, gibt es auch keinen Stress. Nach 15 Minuten Wartezeit werde ich in die Ordination gerufen. Meine Ärztin begrüßt mich freundlich und fragt nach meinem Befinden. Ich antworte, dass alles bestens sei und ich fast schon Schmerzfrei bin. Seit drei Tagen ist selbst der unangenehme Schmerz im Kreuz nach dem Aufstehen so gut wie weg. Ich spreche auch die Tatsache an, dass ich seit drei Wochen kein Sodbrennen mehr habe. Davor stand das brennen in der Brust fast täglich am Plan. Sie meinte gleich, dass das wohl Stressbedingt gewesen sei. Bin gespannt wie sich das nach der Reha verhalten wird.

Im Plantschbecken erhalte ich heute auch die etwas größeren Schaumstoff-Hanteln, die die Übungen relativ erschweren. Ich muss mich einerseits konzentrieren die vorgezeigte Übung ordentlich zu machen und die Körperspannung zu halten, andererseits das Gleichgewicht zu halten. Eine Herausforderung die ich vor allem im Kreuz spüre. Das soll auch so sein, meint die Therapeutin.

Der gebackene Fisch den wir zu Mittag serviert bekommen ist nichts außergewöhnliches, macht aber satt.
Danach geht's auch gleich zur vorletzten Schlammpackung in der Therapie. Noch etwas entspannen in Schlamm und Folie gewickelt bevor es zur letzten Station heute geht. Der Einzelgymnastik.

Die halbe Stunde mit Silke vergeht wie im Fluge da auch das Gespräch irgendwie auf Kino und Filme fällt. Da tretet sie bei mir offene Türen ein. Leider geht sie lieber zur Konkurrenz nach Klagenfurt wenn sie schon mal ins Kino geht, da ihr der Weg nach Villach zu weit sei. Ich versuche sie zu überzeugen, dass sie doch mal wieder ins Cineplexx nach Villach fahren soll und sie meint abschließend meiner Empfehlung beim nächsten Kinobesuch zu folgen.

Nach dem es den ganzen Tag durchgeregnet hat, haben sich die Regenwolken wohl hoffentlich komplett entleert und pünktlich zum Abendessen aufgehört Wasser zu lassen. Fragt sich nur für wie lange. Ich nutze die Gelegenheit für einen kurzen Spaziergang bevor ich den Tag vor dem Fernseher ausklingen lasse. Nicht sehr spannend aber notwendig da ich sehr müde bin.

Donnerstag, 30. Mai 2013

Tag 16 | Waschen, Liegen, Essen

Es regnet. Nein, es schüttet wie aus Kübeln. Es ist Feiertag und es gibt heute keine Therapien. Ein tödlicher Mix wenn man hier festsitzt und die Zeit totschlagen muss. Zuerst bis zum Mittagessen und dann bis zum Abendessen.

Obwohl ich bis halb zwei Nachts DVD's gesehen und ich mich aufs ausschlafen gefreut habe, bin ich so wie jeden Tag bereits um 06:30 Uhr wach. An schlafen ist trotz des Sauwetters nicht mehr zu denken. Ich schnapp mir mein Buch und lese noch bis ich hungrig genug fürs Frühstück bin.

Da ich heute keinen Stress habe lass ich mir auch bis 9 Uhr Zeit um in Ruhe mein Frühstück zu genießen. Die Aussicht aus dem großen Panoramafenster ist sehr bescheiden. Nicht nur weil es regnet, nein auch weil mittlerweile eine Nebelbank eingezogen ist, die die Berge ringsum verschwinden lässt und die Sichtweite gerade noch bis zur Terrasse reicht.

Ich gehe aufs Zimmer und lenke mich vorerst einmal mit Wäsche waschen ab. Das ist nun der dritte Waschgang seit ich hier bin und ich denke es wird auch der Letzte sein. Das muss für die verbleibenden drei Therapietage reichen.




Nach getaner Arbeit lese ich mein Buch fertig und mach mich danach auf zum Mittagessen. Auch so vergehen verregnete Vormittage. Komm mir heute vor wie bei einem Club-Urlaub mit schlechtem Wetter. Die einzige Bewegung ist vom Zimmer zum Buffet und wieder zurück.

Nach dem Mittagessen leg ich ein kleines Schlunzi ein bevor ich ins Hallenbad auf ein paar Längen gehe. Wenigstens das Hallenbad hat an Feiertagen offen und hilft ein wenig die Zeit zu überbrücken. Dort angekommen ist meine Befürchtung wahr geworden. Im Bassin sieht es aus wie im Sommer in Jesolo am Strand - kein Platz und alle übereinander. Ich erkämpfe mir einen Platz in einer Ecke und mache dort meine Unterwasserübungen. An schwimmen ist heute nicht zu denken.

Zurück am Zimmer schau ich, während ich den Blog in Form bringe, nebenbei das Cupfinale der Unaussprechlichen gegen Pasching und muss mit einem Lächeln ansehen wie auch die Violetten gegen den Regionalligisten verlieren. Im Finale.

Nach dem Abendessen geh ich noch auf einen Drink in die Hotelbar und lasse so diesen äußerst besch..... Tag ausklingen.

Eine Frage an alle die in Krankenhäuser arbeiten: macht Desinfektionsmittel eigentlich süchtig? Ich habe ja schon in einem meiner ersten Posts berichtet, dass hier extrem auf Sauberkeit und Hygiene geachtet wird. Alle paar Meter findet man einen Desinfektionsspender mit der Bitte, sich die Hände öfters am Tag zu desinfizieren. Mittlerweile kann ich an den Boxen gar nicht mehr vorbei gehen ohne meine Hände da reinzustecken.

Mittwoch, 29. Mai 2013

Tag 15 | Seven to go

Nach knapp 12 Stunden Schlaf ist mein Körper wieder voll in der Spur. Schlafen ist doch noch immer das beste Heilmittel und in dieser Disziplin macht mir auch keiner ein X für ein U vor. Die Gene machens.

Wie bereits gestern angekündigt stehe ich bereits um 07:00 Uhr im Plantschbecken. Mich beschleicht ein leicht schlechtes Gefühl wegen Gestern und gebe 25 Minuten Vollgas. Die Therapeutin muss mich sogar einbremsen und ermahnt mich während der einzelnen Übungen Pausen zu machen. Ich fühl mich gut heute und könnte Bäume ausreißen. Also im übertragenen Sinn.

Da ich erst um 09:30 Uhr die nächste Therapiesitzung mit Ultraschall habe, gönne ich mir ein ausgedehntes Frühstück und lass mir Zeit dabei. Leider muss ich mit ansehen, wie ein junger Patient plötzlich zusammensackt und regungslos am Boden liegen bleibt. Blitzschnell sind 4-5 Ärzte mit einem Defibrillator im Speisesaal eingetroffen. Das heißt für gewöhnlich nichts Gutes. Ich sehe noch aus dem Augenwinkel, dass sie ihm eine Infusion anhängen und ihn dann aus dem Speisesaal auf einer Bahre führen. Ich kann vorwegnehmen, dass der Patient am Abend bereits wieder an seinem Platz gesessen ist und einen stabilen Eindruck gemacht hat.
Was mir aber erst im Nachhinein aufgefallen ist, dass es keine Schaulustigen gab. Der Speisesaal war nicht mehr voll und diejenigen die noch da waren, versuchten die Situation auszublenden und unterhielten sich weiter wie als wenn nichts geschehen wäre. Ich denke, dass hier speziell bei den älteren Menschen eine gehörige Portion Angst mit im Spiel war. Wenn hier schon so ein junger Patient einfach umfällt, was wenn...
Später habe ich noch von Waltraud (Speisesaal-Chefin) erfahren, dass letztes Jahr ein Patient während dem Essen zusammengebrochen ist und auf der Stelle tot war.

Nach der wieder einmal recht unspektakulären Ultraschall-Behandlung gehts ab zu Silke, zur EHG. Sie hat ihre Drohung von gestern wahr gemacht und gibt mir ordentlich Stoff. Glücklicherweise war ich darauf schon mental eingestellt und ich kann alle Übung zu ihrer vollsten Zufriedenheit abwickeln. Abschließend meint sie auch noch, dass meine Stabilität und Kraft in der Wirbelsäule schon erstaunlich nahe an den 100% sind. *Freu* Also weiterhin alles im grünen Bereich und auf Angriff eingestellt.

Vor dem Essen habe ich noch einen sehr entspannten Termin bei der Fußpflege. Immerhin gehören die Fusserln auch gepflegt und in Form gebracht. Eine Dame mittleren Alters, äußerst attraktiv und junggeblieben in ihrer Art, kümmert sich 45 Minuten lang um meine Treter. Am Weg zurück in den Speisesaal gehe ich wie auf Wolken. Angenehm.

Nach dem Essen, es gab gefüllte Hühnerbrust, geht's ab in die Folterkammer. Auch hier hab ich ja gestern mehr oder weniger nur die Sitze an den Geräten gewärmt. Ich leg wieder überall 5 kg dazu und absolviere Problemlos meine Runde. Am Ende blicke ich auf den Trainingsplan der meinen Verlauf von Anbeginn dokumentiert. Ich habe mittlerweile überall die 3-fache Gewichtanzahl als noch vor 15 Tagen. Das geht, oder?

Die letzte Tageseinheit ist 1 Stunde lang Nordic Walking. Es hat mittlerweile zu Regnen aufgehört und sogar die Sonne lässt sich blicken. Na wenigstens was positives. Nordic Walking - ich kann mich damit nicht anfreunden und versuche meine Abneigung so gut es geht zu verbergen. Die Therapeutin hält am Weg ein paar mal an um bei ein paar Leuten eine Korrektur vorzunehmen. Sprich, sie sollen besser und ordentlich aus der Schulter heraus die Stöcke einsetzen. Sowie der Herr mit dem grauen Shirt. Alle drehen sich in meine Richtung. Auch ich dreh mich um aber da war keiner mehr. Ich war der mit dem grauen Shirt. Und ich war auch der, der sich jetzt ein Loch im Waldboden gewünscht hat. Ein großes. Ich darf einen Catwalk im Wald hinlegen und während ich so an den Leuten vorbei walke schimpfe ich mich gedanklich selber einen Scheißsstreber. Bitte, wie peinlich ist das denn?!? Da vorwiegend Männer in der Gruppe sind, fliegen natürlich auch gleich ein paar niveauvolle Meldungen. Ich lächle und sage nur: „Naturtalent“. Ich lass mich ans Ende der Gruppe zurückfallen und frage mich selber, ob das jetzt soeben tatsächlich stattgefunden hat.

15:00 Uhr Feierabend! 2/3 der Rehab sind somit geschafft. Morgen geht es mit einem Feiertag in den Endspurt. Eigentlich habe ich noch drei Tage Behandlungen muss aber noch sechs Tage hier bleiben. Die Vorfreude aufs Heimfahren steigt.

Nach dem Essen gehe ich noch eine Runde schwimmen bevor der DVD-Abend beginnt. „Die Verurteilten“ stehen am Programm. Einer, wenn nicht der Beste Gefängnisfilm überhaupt. Absolut Empfehlenswert!

Dienstag, 28. Mai 2013

Tag 14 | Hundstag

War gestern irgendwas? Ich wache mit riesigen Kopfschmerzen auf und verfluche die Schnapsrunden von gestern Abend. Sowie natürlich das letzte Getränk. Ich fühle mich total gerädert und ausgspiebn' und hoffe, dass der Tag schnell vergeht.

07:00 Uhr: Unterwassergymnastik
Das Wasser erfrischt mich zwar ein wenig aber ich fühle mich, als hätte ich Blei in den Füßen und die Schaumstoffhanteln wären aus Beton.

07:35 Uhr Frühstück
Am Frühstückstisch wird schnell allen klar, dass es mir nicht gut geht. Aber was soll ich tun wenn es nur (Apfel)Most und Schnäpse gibt! Mit an G'spritzen oder Cola-Whiskey wäre mir das nicht passiert. Ich würge die Semmel irgendwie runter und habe natürlich großen Appetit auf McDonalds. Oder eine Leberkäs-Semmel. Ein Lichtblick ist die gebackene Käsevariation zu Mittag. Aber bis dahin bin ich wahrscheinlich schon verendet.

07:50 Uhr
Ich schleppe mich aufs Zimmer und bereite mich seelisch auf die Kraftkammer vor. Ich lieg am Bett und versuche noch etwas zu dösen.

08:30 Uhr Kraftkammer
Mir ist flau im Magen und auch ein wenig übel. Aus den 3x15 Wiederholungen werden maximal 2x10 Wiederholungen. Ich schraube überall das Gewicht etwas höher und hoffe das meine Ausdünstung nicht all zu heftig ist.

08:55 Uhr
Ich schleppe mich aufs Zimmer und bereite mich auf die Massage vor. Ich lieg am Bett und versuche noch etwas zu dösen. In der nächsten halben Stunde trinke ich einen Liter Wasser. Mir ist kotzübel.

09:30 Uhr Massage
Ich freu mich, eine halbe Stunde einfach nur da zu liegen und nichts machen zu müssen. Selbst wenn Godzilla mich heute massieren würde, wäre es mir absolut egal. Ich döse leicht weg.

09:55 Uhr
Ich schleppe mich aufs Zimmer und bereite mich auf die Einzelheilgymnastik (EHG) vor. Irgendwie hab ich Angst davor heute. Ich lieg am Bett und versuche noch etwas zu dösen.

10:30 Uhr EHG
Silke sieht auf den ersten Blick das was nicht stimmt. Ich meine kleinlaut, dass es mir nicht so gut geht und hoffe inständig das sie heute Gnade mit mir hat. Sie fragt mich, was wir für Übungen machen sollen. Ich schau sie an und meine, was auch immer am Programm steht. Was für eine Lüge! Sie sieht mich an und deutet lächelnd auf das Bett. Leg dich hin, ich massiere dir das Bindegewebe an der Wirbelsäule. Danke, danke, danke!! Sie verabschiedet mich nach 25 Minuten und sagt:„ Oba murgn gemmas wieder o!“

10:55 Uhr
Ich gehe aufs Zimmer und warte auf das Mittagsessen. Ich lieg am Bett, versuche noch etwas zu dösen und schön langsam gehts mir wieder besser.

11:30 Uhr Mittag
Das bestätigt mir auch Heinzi, der meinte das ich wieder etwas Farbe im Gesicht hätte. Da gestern viele Neuankömmlinge ins Haus gekommen sind, sind auch einige Tischeinteilungen neu gemischt worden. Und so dürfen wir nach zwei Wochen endlich auch eine Frau in unserer Mitte begrüßen: Margit ausch Innschbruck. Seitenbänder, Kreuzband sowie Meniskus gerissen. Jackpot!
Die gebackene Käsevariation reißt mich zwar ein bissl raus, dafür geht mein Kreislauf ein wenig in die Knie.

12:35 Schlammpackung
Soll ich ihnen sagen, dass es mir nicht gut geht? Immerhin wird das jetzt ziemlich heiß. Da könnte der Kreislauf was dagegen haben. Egal, die Schlammschicht wird mir schon auf den Körper aufgetragen, ich werde mit Folie umwickelt und ins Wasserbad herabgelassen. 20 Minuten später geht es mir wesentlich besser als zuvor.

13:05 Uhr
Ich bin am Zimmer und bin von der Wärme völlig erschöpft. Meine letzte Therapie für heute beginnt erst um 14:30 Uhr. Ich stell mir den Wecker auf 14:15 Uhr und schlafe ein.

14:30 Rückenschule
Wir sind heute nur zu viert was aber angenehm ist. In der Runde befindet sich auch eine ältere Dame mit einer neuen Hüfte und Wirbelsäulenprobleme. Sie kommt den ganzen weiten Weg von Köln (!) hierher für die Rehabilitaion. Die Klinik ist ihr von ihren deutschen Ärzten empfohlen worden. Net schlecht.

15:00 Uhr
Am Zimmer angekommen leg ich mich sofort wieder hin und schlafe zwei Stunden durch. Das heute die Sonne scheint und es relativ schön ist, ist mir im Moment egal.

Nach dem Abendessen schaffe ich es dann doch noch ein bissl in die Natur um frischen Sauerstoff zu tanken. Irgendwie hab ich den Tag doch noch über die Runden gebracht und freu mich wieder auf morgen.
07:00 Uhr Unterwassergymnastik ....


Tag 13 | Beim Mostbauern

Seit drei Tagen fühle ich mich schon schlapp, ausgelaugt und müde. Offensichtlich zollt nun der Körper der Therapie Tribut und fährt einen Gang runter. Ich könnte am liebsten nur schlafen. Oder ist es doch das Wetter?

Der Tag fängt schon mit einer kleinen Überraschung an, da ich meine Massage erstens in einem anderen Zimmer habe und zweitens mit einer anderen Masseurin. Eine junge Frau knetet nun früh morgens um sieben meinen Körper.Ohne dabei meine Hose über meinen Popsch zu ziehen, legt sie los. Bei der anderen war das die erste Handbewegung. Vielleicht deswegen der schwere Atem.

Nf-Wechselstrom, was soll ich sagen - nix passiert. Ich habe nur darum gebeten, den Sprühregen abzudrehen da sonst das Wasser schneller kalt wird.

Nach dem Mittagessen vergesse ich irgendwie die Zeit und komme deshalb sieben Minuten zu spät zur Einzelheilgymnastik. Silke nimmt meine Entschuldigung an und schindet mich die nächsten 20 Minuten dafür intensiver.

Bis zum Ergotraining hab ich noch eine gute Stunde Zeit. Ich leg mich aufs Bett und lese weiter an der „Verwesung“. Irgendwie muss ich wohl eingeschlafen sein und mein innerer Wecker weckt mich zu spät. Scheiße, schon 14:10 Uhr!! Ich laufe schnell die Treppen hinunter in die Altis Arena wo ich seit 14:00 Uhr schon am Rad sitzen sollte. Als ich dort ankam und mein zuspätkommen erkläre, schickt mich die Cheftherapeutin in die Leitstelle um mir einen neuen Termin geben zu lassen. Auf meine Frage hin, dass doch ein Rad, also meines, doch frei sein müsste, stellt sie auf Stur und schickt mich weg. Ich habe keine Lust auf einen Streit und beuge mich der höheren Gewalt. In der Therapieleitstelle erhalte ich problemlos einen neuen Termin für 15 Uhr.

Das Abendessen lasse ich sausen da wir in die Mostschenke gehen um die Verabschiedung von zwei Tischkollegen zu feiern. Außerdem habe ich heute einen Zahn auf eine zünftige Brett'l Jausen anstatt den Menüvorschlägen aus unserer Küche zu folgen: Krautfleckerln, Dinkelspaghetti, Schweizer Wurstsalat oder Früchte mit Joghurt. Also auf zum Mostbauern!

Montags ist immer Live-Musik (da Sigi auf da Quetschn) und man ist gut beraten früh zu kommen oder zu reservieren. Wir sind schon früher da und sichern uns unser Platzerle. Mit fortdauer des Abends kommen immer mehr Leute, 90% davon Kur- und Rehabpatienten, die das rustikale aber sehr schöne Lokal füllen. Es wird immer lustiger und feuchter und schon machen die ersten Schnäpse die Runde. Und dann die zweit und die dritte... Kurz vor 22 Uhr läutet das Handy eines Kollegen. Da er sich am Nachmittag an der Rezeption abgemeldet hat um kurz nach Hause zu fahren und sich bis dato noch nicht zurückgemeldet hat, fehlt ihnen jetzt natürlich ein Schäfchen. Sie bitten ihn höflich aber bestimmt bis spätestens 22.30 Uhr im Hotel zu sein. Da wechselt die Schicht und sie müssten Meldung machen das jemand fehlt. Als das Gespräch beendet ist, dreht er sich grinsend zu mir um und meint im breiten Steirer Dialekt:„ Oft geht no a Runde. A holbe Stund homa nu Zeit.“

Diese halbe Stunde wird am nächsten Tag den ganzen Tag anhalten.

Sonntag, 26. Mai 2013

Tag 12 | Wegen Ruhetag geschlossen

Auch der zweite Sonntag während der Rehab steht im Zeichen der Ruhe und der Entspannung. Nach dem Frühstück unternehme ich mit meinem einzigen übrig gebliebenen Tischkollegen (alle anderen sind zu hause und müssen bis 22 Uhr eintreffen) einen ausgedehnten Vormittagsspaziergang. Knapp drei Stunden waren wir bei trockenem und teilweises sonnigem Wetter in der näheren Umgebung unterwegs. 

Am Nachmittag mutiere ich zum Couchpotato. Zuerst ein wenig Formel 1 schlafen und dann sehen wie der alte den neuen Fussballmeister 3:0 abfertigt. Hatten die Veilchen wohl noch ein wenig Restfettn' in sich. Rapid gewinnt wenigstens das letzte Heimspiel und Mattersburg muss dochein wenig überraschend in die zweite Liga. Haben eh schon lang drum gebettelt.

Jetzt nach dem Abendessen schreibe ich diese Zeilen und werde mich in wenigen Minuten wieder vor das TV-Gerät schmeißen. Tatort- what else? Morgen geht's eh wieder um 7:00 Uhr los da kann ich heute mal einfach so herumlungern.

Sorry, aber vor dem Fernseher passieren keine großartige Dinge die ich euch erzählen könnte. Dafür ist morgen die erste Einheit wieder die Massage. Ihr wisst schon. Die, die so schwer atmet...

Schönen Sonntagabend.


Samstag, 25. Mai 2013

Tag 11 | Halbzeit

Seit elf Tagen bin ich also in Althofen, elf weitere werden es noch werden. Grund genug um mal Bilanz über meinen Gesundheitszustand zu ziehen.
Als ich am 15. Mai hier mein Single-Appartment bezogen habe war der Stand folgender.

.) starke schmerzen nach längerem liegen oder sitzen im Lendenwirbelbereich
.) eingeschränkte seitliche Bewegungen (max. 45°)
.) beim nach vorne beugen mit den Händen max. bis zu den Knien gekommen
.) starke Schmerzen beim niesen oder husten im Brustbereich
.) wenig bis keine Kondition
.) fast tägliches Sodbrennen
.) Verspannungen im gesamten Rückenbereich
.) Durchblutungsstörungen entlang der Wirbelsäule

Zusammengefasst könnte man sagen - Totalschaden. Oder eben kurz davor. Nun, nach einer kurzen Eingewöhnungsphase letzte Woche und nach etwas intensiveren Einheiten diese Woche kann ich folgendes Berichten.

.) die Schmerzen sind erträglicher und dabei abzuklingen
.) die seitliche Bewegung geht mittlerweile über 90° hinaus!
.) mittlerweile streichle ich mit den Finger schon an den Schuhen
.) die Schmerzen im Brustbereich sind dabei abzuklingen
.) stetige Steigerung am Ergometer und bei den Gewichten stimmen mich positiv
.) seit 11 Tagen kein Sodbrennen mehr. Die Ernährung machts und Stress hab ich hier auch keinen
.) die Verspannungen und Verhärtungen beginnen sich zu lockern und somit schwinden auch die Schmerzen im LW-Bereich
.) die Durchblutungsstörungen sind weg und davon profitieren auch die Verspannungen

Zusammengefasst kann man sagen, dass sich der Aufenthalt voll lohnt und mir die Therapie bisher sehr geholfen hat.

Nachdem Wochenende ist und sich die Klinik mal wieder leert habe auch ich heute beschlossen, trotz Schnürlregens, diesen Ort mal zu verlassen und habe mich zu Fuß in die Stadt Althofen gemacht. Nach knappen 45 Minuten bin ich am Hornturm angelangt. Von dort aus kann man ganz Althofen überblicken.


Hab auch gleich die Hotspots gesichtet und mich auf den Weg ins Zentrum gemacht um Schmugglerware zu besorgen. Chips und Cola für die Fernsehstunden. Ein Libro ist mir auch über den Weg gelaufen. Da musste ich einfach rein und bin mit zwei neuen Büchern raus. Ich habe mir zwar ein Buch schon mitgenommen allerdings hat es grad nur mal drei Tage gedauert um ausgelesen zu werden. Falls es wen interessiert: es sind zwei Bücher von Simon Beckett geworden. Verwesung und Tiere. Die Chemie des Todes kann ich auch nur schwersten empfehlen wer auf solche Sachen steht.

Althofen selbst ist eine Kleinstadt mit knapp 5000 Einwohnern die sich aber heute wohl alle gut versteckt haben. Ich spaziere durch die Straßen und habe bis zum Zentrum 5 Personen gezählt. Ein paar mehr sind es dann im Zentrum schon geworden aber auch hier waren eigentlich die Gehsteige hochgeklappt. Ich mache mich auf denWeg zurück in die Klinik die oben am Berg ist. Also alles was vorher runter gegangen ist geht jetzt hoch. Der Rücken sendet schon die ersten Signale zu einer Pause aber ich möchte schnell heim da der Regen stärker zu werden scheint.

Ab der Stadtgrenze gibt es bis zur Klinik einen so genannten Heilkräuterweg. Entlang des Weges gibt es Infotafeln zu den einzelnen Kräutern sowie Sprüche und Weisheiten über die Natur und wie unsere Gesellschaft mit dieser umgeht. Bin ich in die Stadt noch die Serpentinen am Gehsteig gegangen, so entschied ich mich für den Rückweg für diese Strecke. Der Weg führt steil bergauf und ist mit natürlichen Stufen ausgestattet. Links und rechts vom Weg ist die Natur pur und unbehandelt. Es wachsen die verschiedensten Heil- und Wiesenpflanzen, meterhohes Gras, Schilf und Unkraut bilden ein imposantes Dickicht in welchem sich offensichtlich viele Tiere sehr wohl fühlen. Man hört Frösche, Vögel, Kühe und sogar Katzen und Hunde. Letztere zwei sind wohl eher auf Nahrungsuche.

Ein wenig durchnässt und abgekämpft bin ich nach insgesamt drei Stunden wieder am Zimmer und falle mal ins Bett für eine halbe Stunde. Zwecks Entspannung begebe ich mich noch für eine Stunde ins Hallenbad und chille im Wasser. Netterweise haben nicht sehr viele (trotz des Wetters) diese Idee und somit sind wir nur zu viert und haben das ganze Bassin für uns.

Zum Abendessen gibt es eine Fischplatte die wirklich ausgezeichnet mundet. Was das Abendprogramm angeht, bin ich noch sehr zweigeteilt. Einerseits interessiert mich das deutsch-deutsche CL-Finale überhaupt nicht. Andererseits möchte ich gerne sehen wie der BVB die CL gewinnt. Zum Leidwesen für „unseren“ David Alaba. Vielleicht reicht ja auch hier nur die zweite Halbzeit.

Bis morgen.


Freitag, 24. Mai 2013

Tag 10 | Lagerkoller?

Boa hey, war das heute ein zacher Tag! Ob das am heutigen Dauerregen oder der fehlenden Sonne liegt, kann ich so nicht sagen. Vielleicht ist es doch der Beginn eines Lagerkollers knapp vor Halbzeit? Aber mal der Reihe nach.

Der Regen peitscht gegen mein Fenster und gibt mir zu verstehen, dass die Nacht für mich vorbei sein soll. Es ist kurz vor sechs. Scheiß drauf denk ich, soll so sein und steig mal in die Dusche rein. Apropos Dusche. Ich dachte dass es sich nur um ein städtisches Phänomen handelt, wenn im Bus oder U-Bahn bereits in der Früh Stinker unterwegs sind. Sie gibt es auch hier. Unglaublich was so mancher für eine Duftwolke schon nach dem Aufstehen hinter sich herzieht. Dass es sich dabei nicht grad um Hugo oder Lagerfeld handelt, versteht sich von selbst.

Egal, ich hab um 7 Uhr ein Date mit Marie in der EHG. Als sie mir die 1 Kilo Hanteln zeigt mit denen wir heute arbeiten werden, wollt ich ihr schon sagen, ob das ihr Ernst sei. 25 Minuten später kann ich meine Arme nur schwer ohne ein unkontrolliertes Muskelzucken  nach oben strecken. Klassisch unterschätzt. Wenn man 1 Kilo Hanteln minutenlang am ausgestreckten Arm haltet und dann verschiedene Übungen damit absolviert, fühlen sich nicht nur die Arme etwas komisch an. Die 1 Kilo mutieren zu 10 Kilo.

Na wenigstens gibts gleich eine Massage. Ja, wieder bei meiner Freundin. Die Massage kommt mir heute ein wenig kurz vor. Sie massiert mich fertig und ich bleib noch kurz liegen, als sie aufschreckt und meint, dass sie viel zu früh fertig geworden ist. Ist wohl auch nicht ihr Tag heute. Sie entschuldigt sich und beginnt wieder meinen Rücken zu massieren.

Ich husch nach dem Frühstück noch schnell in die Ambulanz, um mir die Bestätigung von meiner Ärztin zu holen, dass ich außerhalb der Therapiezeit in die Kraftkammer darf. Kostet €16,- für eine Woche und Saune ist auch dabei. Da das Wetter am Wochenende nicht besser wird, kann ich so wenigstens was für meine Muckis und den Rücken tun.

Am Nachmittag steht mal wieder eine Schlammpackung auf dem Plan. Irgendwie kommt mir das Wasser und der Schlamm heute heißer als sonst vor. Ich merke aber auch, das sich mein Gemütszustand etwas verschlechtert hat. Irgendwie hab ich heute auf nichts so richtig Bock. Da hilft auch folgende Konversation nach der Schlammpackung nicht. Ich stehe in der Dusche und hab den Rücken voller Schlamm. Die Therapeutin kommt um mir diesen abzuwaschen. „Irgendwie hob i jetzt Lust auf wos Sias. So mit Schoko oda Keks.“ Ich dreh mich mit einem fragenden Blick um und meinte: „Sie bekommen Lust auf Schokokekse wenn sie mich so sehen?“ Das schummrige Licht konnte ihre Gesichtsverfärbung nicht verbergen. „Oh Gott, na des woar net so gmaahnt.“ lachte sie verlegen. Schade.

In den 10 Minuten der Ultraschallbehandlung gibt es einen klassischen Wetter-Smalltalk mit der Schwester. Man wünscht sich ein schönes Wochenende und ich bin raus.

Ab zum letzten Training heute - dem Ergometer. Eher lustlos trete ich in meine Pedale. Wenn ich den iPod nicht mit hätte, wäre es wahrscheinlich die größte Qual für mich, in meinem Zustand Radio Kärnten zu hören.

15:30 Uhr. Endlich fertig für heute aber leider nicht für die Woche. Ich hab morgen Original eine einzige Einheit. Eine Schulung von 7-8 Uhr. Da kommt Freude auf.

Vielleicht hellt ja der Besuch beim Mostwirt heute Abend meine Stimmung ein wenig. Davon erzähl' ich euch aber erst dann morgen. Oder auch nicht.

Donnerstag, 23. Mai 2013

Tag 9 | Spatzen-Tag

Der Wecker läutet mich sanft aus einer sehr unruhigen Nacht. Ob es daran liegt, dass der Meisterteller am Verteilerkreis die Runden dreht oder der nächtlichen, etwas lauteren Meinungsverschiedenheit im Zimmer ober mir, kann ich so mal nicht sagen. Worum es bei dem Streit ging konnte ich nicht genau herausfinden. Mir auch egal. Das einzige was ich deutlich vernehmen konnte war: „Jetzt hoit amol de pappn! Es is scho noch zwöve! Und moch des Fensta zua!“ Hm.

Es ist 06:15 und die Morgensonne fällt in mein Zimmer. Noch ein bissl liegen bleiben, sagt der Körper. Das Hirn sagt mir, wenn ich jetzt nicht aufstehe dann erst wieder in zwei Stunden.
Also raus aus den Federn und rein in die Sportmontur denn um 7:00 Uhr steht das Kraftraining am Plan. Rücken, Trizeps, Bauch und seitliche Bauchmuskulatur sind spätestens jetzt auch wach. Das Krafttraining ist neben der Unterwassergymnastik mein Favorit auf dem (aktiven)Therapieplan. Da sieht man am besten den Fortschritt und merkt wie von mal zu mal mehr Gewicht möglich ist. Speziell bei der Rückenübung. Waren es am Anfang noch 8 Kilo die ich schmerzfrei mit meinem Rücken drücken konnte, sind es seit heute 25 Kilo!

Danach hat sich der Rücken eine entspannte Massage verdient. Herrlich. Trotz des schweren Atmens der Masseurin. Ich trau mich noch immer nicht fragen.

Der Vormittag wird mit einem 36° warmen Hydroelektrischen-Vollbad inklusive Sprühregen, Lichttherapie, Duftöl und Entspannungsmusik abgeschlossen. Dieses Teil ist so massiv und spielt alle Stücke. Die Lautsprecher sind an den Seitenwänden eingearbeitet und der Subwoofer muss wohl unter der Wanne sein. Anders kann ich mir diese Erschütterungen beim Bass nicht vorstellen. Ob diese tiefen Frequenzen etwas mit der Therapie zu tun haben, bezweifle ich. Auf jeden Fall spüre ich die Vibration der Bässe mehr als die angebliche Stromspannung. Diese wiederum spürt man nur dann wenn man a) den Körper direkt an die Messingpunkte legt oder b) gerade kein Bass-Solo ist.
Die Musik ist eine klassische Entspannungsmucke. Irgendwo zwischen Cafe del Mar und der peruanischen Panflöten-Band auf der Mariahilfer Straße. Werd nächstes mal Slayer reingeben.

Einen neuen Patienten dürfen wir auch auf unserem Tisch begrüßen. Wieder einmal ein Herr, der Heinzi. Am ersten Blick sehr unsympathisch mit seinem Red Bull-Trainigsanzug am zweiten auch nur ein Mensch und doch lustig. Bin gespannt wann die erste Fussballdiskussion aufflammen wird.

Nach dem Chili Con Carne, welches bei mir so gerade den Tellerboden benetzt hat (remember halbe Portion) gehts ab zur EHG. Nachdem ich schon heftige Spatzen (Muskelkater auf Kärntnarisch) im Rücken habe, ist heute der Bauch dran. Schaden tut's eh nicht, also ran an den Speck!

Schweißtreibende 25 Minuten später freu ich mich auf etwas Entspannung bei der Unterwassergymnastik. Weit gefehlt. Heute hat auch Frau Malle eine Freude mit mir und jagt mich von einer Übung in die nächste. Nicht nur der Rücken auch die Oberschenkel und die Schulter melden eine leichte Übersäuerung. Für heute reicht's dann auch schon und ich gönne mir ein wenig Ruhe. Da das Wetter nicht so recht mitspielt, bleibe ich am Zimmer und mache einen DVD-Nachmittag.

„The Avengers“ haben ein wenig länger gebraucht die Welt zu retten, deswegen komme ich etwas verspätet zum Essen. Kein Problem, man kennt sich ja mittlerweile und so werden mir dann meine Schupfnudeln (Wuzinudeln auf Kärntnarisch) auch ohne Vortrag serviert. Wir plaudern noch alle ein wenig bis einer nach dem anderen den Tisch verlässt. Ich hab noch Lust auf ein paar Längen und verbringe noch eine Stunde im Hallenbad.
Aber jetzt reichts dann auch wirklich für heute. Noch schnell unter die Dusche und dann vor den Fernseher.
Morgen ist auch noch ein Tag.

Zum Abschluss a kloans Tisch-Witzerle: Ein Mann sitzt beim Arzt. Der Arzt mustert ihn von oben bis unten und lehnt sich dann demonstrativ und mit verschränkten Händen in den Sessel zurück. Der Patient ist ganz aufgelöst und fragt: „Herr Doktor, jetzt sagen sie schon - was fehlt mir?“ Der Arzt erwidert ganz sachlich und ruhig:„Sie müssen mal mit dem onanieren aufhören.“ - „Was? Warum denn das?“ - „Ich kann sie sonst nicht untersuchen.“

Gute Nacht.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Tag 8 | Leider fad

Heute war irgendwie ein komischer weil unspektakulärer Tag. Bin um 7:20 Uhr schon im Schlamm gehüllt worden, danach Frühstück und dann hieß es warten bis der Arzt kommt. Visite am Zimmer. Eigentlich recht pünktlich klopft es an meiner Türe und der Arzt tritt in mein bescheidenes Single-Appartement. Doch es war eine Ärztin die den Primar (Achtung) Dr. Henry Puff (es darf gelacht werden) kurzfristig vertreten hat. Schade, hätte ihn gerne selber kennen gelernt. Seine Vertretung blieb leider auch nicht lange, da bei mir alles ok ist. Oder haben sie erwartet das ich ihnen etwas anbiete?...
Die Niederfrequenz Wechselstrom-Therapie ist nicht weiter erwähnenswert. Das ist die Therapie, wo nix passiert.

Der Vormittag ist somit gelaufen. Apropos laufen. Das Therapie-Highlight erwartet mich nach dem Mittagessen. 30 Minuten Spazierengehen für Fortgeschrittene - Nordic Walking. Ich möchte hier niemanden zu nahe treten, der diese Bewegungstherapie (ich weigere mich Sport zu sagen) gerne macht und sich dabei wohl fühlt. Ich tu es definitiv nicht. Sorry, aber diese 30 Minuten wären auf dem Ergometer besser investiert gewesen. Wobei von den 30 Minuten 20 zur „Einschulung“ dienten. Über 600 Muskeln werden, wenn man es richtig macht, damit trainiert. Ich frage mich, ob wir nicht in Zukunft alle mit zwei Stöcken gehen sollten, wenn das so toll ist. Naja.

Zurück ins Haus und rauf auf den Behandlungstisch in der Einzelheilgymnastik, kurz EHG. Die Therapeutin quält mich zwar aber angesichts der „Einheit“ davor, ist es eine willkommene Tortur. Als sie zum Abschied noch meint „morgen gemmas richtig aun“, weiß ich nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Ich werde euch morgen sicher berichten können, sofern ich meine Hände auf die Tastatur schwingen kann.

Um 14:30 Uhr sind die Therapien für heute vorbei. Was machen mit dem angebrochenen, sonnigen Nachmittag? Genau. Ich suche mir ein Platzerle und leg meinen geschundenen Körper der Sonne zur Bräunung hin. Und was für ein Platzerle ich gefunden habe! Oberhalb der Klinik gibt es eine Art Natur-Sonnendeck mit Holzliegen noch bevor der Wald anfängt. Ich denke, ich habe meinen Platz zur Freizeitgestaltung gefunden. Kurz nach 17:00 Uhr muss ich dann doch recht widerwillig die Holzpritsche räumen da in einer halben Stunde der Koch zum Abendessen läutet. Für heute hab ich mir eine Joghurtschüssel mit frischen Früchten bestellt. War gut. Joghurt eben mit frischen Früchten. 
Zu Mittag gabs u.a. Paella und ich muss sagen, dass auch dieses Gericht trotz einer Großküche sehr fein zubereitet und schmackhaft war. Da es keine Buffet gibt (außer Salat) und wir das Essen immer am Teller serviert bekommen, sieht das natürlich auch fürs Auge gut aus.

Ihr seht, heute war wirklich wenig los. Jetzt muss ich schon übers Essen schreiben damit der Post nicht all zu kurz kommt. Morgen gibt es sicher mehr zu berichten da ich von 07:00 bis 15:30 Therapien habe. Da kommt Freude auf!

Dienstag, 21. Mai 2013

Tag 7 | Es geht voran

Was geht Leute, alles klar? Coffeshock in da house das ist wunderbar. Fetter Bass, fetter Beat  fetter Groove, fette Eier, tonight we gonna set the house on fire!

Die Coffeschocker knallen mir ins Ohr und bringen mich mal auf Betriebstemperatur während ich am Rad mein Programm abspule. Es ist 7:30 Uhr und ich trete die Pedale mit einer Leichtigkeit, die mich doch ein wenig „beunruhigt“. Ich fühle mich sehr gut und habe am Ende der 25 Minuten 13,8 Kilometer geradelt. Das sind um 2 km mehr als letzte Woche. Wohooo!

Es bleibt allerdings nicht viel Zeit zur Freude, da ich in einer halben Stunde schon die nächste Therapie habe. Einen Tee und eine Buttersemmel später sitze ich auf einem Gymnastikball in der Rückenschule. Habe ich schon am Ergometer das Shirt ordentlich vollgeschwitzt, öffnet wohl der zu schnell getrunkene Tee und der Stress die Poren noch einmal und lässt die nächste Schweißwelle über meinen Körper rinnen. Bei den einfachsten Bewegungen rinnt mir die Soße.

Aber kein Problem, die Unterwassergymnastik verschafft ein wenig Abkühlung. Naja, nicht wirklich im wohl temperiertem Plantschbecken. Aber zumindest ist es ein wenig entspannend wohlgleich auch anstrengend da ich die eingenommene Position (in der Hocke und den Rücken durchgestreckt) beibehalten soll und mit Gewichten unter Wasser herumfuchteln muss. Eine Herausforderung für das Gleichgewicht.

Danach sind die aktiven Therapien erledigt und es folgt wieder eine heiße Schlammpackung, eine Niederfrequenz Strom-Therapie und endlich auch mal eine Massage. Hat mir der Rücken am Donnerstag noch bei intensiveren Berührungen geschmerzt, so ist das heute mal echt eine Wohltat. Keine Schmerzen und sehr entspannend. Allerdings atmet die Masseurin etwas schwer. Nach meinem gestrigen Fauxpas halte ich aber die Klappe und stelle keine blöde Fragen. Obwohl es mich schon jucken würde...

Da morgen der erste unseren Herrentisch schon wieder verlassen muss, gehen wir am Abend noch in die Mostschenke um ihn gebührend ins normale Leben zu entlassen. Mal schauen wer da morgen Mittag an seinem Platz sitzt.

Leider hat es heute Vormittag auch das erste Opfer zu beklagen gegeben. Mein langjähriger Wegefährte Torsion Adidas hat sich nach dem Ergometer begonnen aufzulösen. Nach der Rückenschule fehlte ihm bereits ein Teil worauf hin ich ihm feierlich im Klinik-Mistraum zu Althofen beigesetzt habe.
Glücklicherweise habe ich ein zweites Paar Sportschuhe mitgenommen und kann damit meine Rehab weiterführen.



Als Abschluss noch die Zahl des Tages: 5000. So viele Therapie-Einheiten werden täglich (!) in der Klinik abgehalten. Wieder was gelernt. Bis morgen!


Sonntag, 19. Mai 2013

Tag 5 | Heute: Ruhetag

Der heutige Tag sollte so verlaufen wie es der Therapieplan vorgesehen hat, nämlich mit einem Ruhetag. Zwar hatte ich andere Pläne aber mal der Reihe nach.

Sonntag. Ein typischer Besuchertag für alle die nicht mobil genug sind um sich von hier ein paar Stunden zu verdrücken. All diejenigen die mobil sind und auch ein Auto haben, sind bei ihren Familen/Verwandten in der Region. Und dann gibt es noch solche wie mich, die einfach zu weit weg sind von zuhause, kein Auto besitzen oder einfach noch nicht so stabil sind für weite Reisen.
Somit sieht mein Plan kurz nach dem Aufstehen wie folgt aus: ausgiebig Frühstücken, danach ein paar Runden schwimmen, ein bisschen Wäsche waschen und am Nachmittag sich sonnen lassen. So weit so gut.

Das mit dem Frühstück hat sich fast von selbst erledigt, da ich erst kurz nach 8.30 Uhr aufgestanden bin. Also noch rasch in den bereits fast verwaisten Speisesaal und ein schnelles Frühstück eingenommen. Zurück am Zimmer mach ich mich über die Wäsche her. Rei aus der Tube hilft mir dabei die paar Sachen flott durchzuwaschen.

Also ab ins Hallenbad! Es sind zwar ein paar Patienten in der Halle aber es ist noch genug Platz um in Ruhe ein paar Längen zu schwimmen. Nach und nach leert sich das Bad (Mittagessen...) und nach einer Ruhepause schwimm ich alleine noch ein paar Längen und genieße die Ruhe.
Ich komme dadurch zwar etwas später zum Essen aber angesichts dessen, dass sehr wenig Leute da sind fällt das nicht weiter ins Gewicht.

Die Sonne knallt schon fest auf die Sonnenliegen und ich freue mich schon aufs chillen. Es ist erst 12.30 Uhr und ich leg mich noch ein wenig aufs Bett, um das Essen zu verdauen und danach in die Sonne raus.
Es ist 15.30 Uhr als ich vom Regen, der gegen mein Fenster prasselt, geweckt werde. OK, ich schnapp mir mein Buch und lese im Zimmer die nächsten Kapitel von „Chemie des Todes“. Absolut genialer und empfehlenswerter Thriller. Nebenbei läuft das BL Spiel Sturm vs Ried. Mein Buch ist spannender.

Nach dem Abendessen hört der Regen auf und es kommt die Sonne wieder hervor. So dreh ich noch eine kleine Runde in der Abendsonne, statte den Kühen noch einen Besuch ab und schmeiß mich dann vor den Fernseher. Eishockey Finale Schweden vs Schweiz.

Gott sein Dank beginnt morgen wieder die Therapie.


Samstag, 18. Mai 2013

Tag 4 | Von Fett und Fettn


Pfingstwochenende. Therapien gibt es so gut wie gar nicht heute. Den ganzen Vormittag werden Vorträge über Ernährung, Psychologie sowie gewisse Schulungen A und B abgehalten. Um welchen Inhalt es bei den Letzt genannten geht, konnte ich noch nicht herausfinden.
Nachdem ich heute keine Morgeneinheit habe und trotzdem schon um 6 Uhr wach bin (muss die Luft hier sein) schlafe ich gleich noch einmal bis 8 Uhr ein.
Nach dem Frühstück geht’s also in den Schulungssaal 3. Thema: Ernährung. Eine Stunde lang erklärt uns hier der Diätologe was der Großteil der Anwesenden sicher schon zig mal gehört haben. Mich eingeschlossen. Ohne Bewegung gibt es kein Abnehmen, die Menge machts, lieber Wasser und ungesüßten Tee statt Coke Zero, Fruchtsäfte und die ganzen Light-Produkte zu sich nehmen. Auf den Fettgehalt achten und sich einfach Zeit geben beim Abnehmen. Eine Sache war dann doch noch interessant und es hat mich nicht überrascht, dass das ein Diätologe gesagt hat. Der BMI ist nur ein Anhaltspunkt und kann nicht zu 100% Fettleibigkeit oder Untergewicht anzeigen. Rumms, das hat gesessen! Immerhin sind Muskel schwerer als Fett. Hermann Maier z.B. hatte während seiner Glanzzeit einen BMI von 31. Nicht schlecht für einen schwer übergewichtigen Spitzensportler so viele Siege und Triumphe einzufahren. Danach musste ich kurz über meinen BMI nachdenken. Ich bin zwar kein Spitzensportler, aber wegen den Muskeln warads. Da fällt mir auch gleich ein, dass ich zu Mittag und am Abend nur die halbe Portion am Teller serviert bekomme. Aber bei drei Mahlzeiten am Tag ist mir das nur Recht. Eigentlich esse ich hier viel mehr als zuhause. Mal sehen ob sich am Ende der Rehab das auch gelohnt hat.


Das super Wetter in Althofen ladet natürlich dazu ein so lange wie möglich draußen zu bleiben. So begebe ich mich auf einen ausgedehnten vier Stunden Spaziergang durch die Wälder und Wanderwege der Region. Zwar sind die Wege aufgrund des gestrigen Regens noch etwas aufgeweicht aber das tut dem Spaß keinen Abbruch. Fast schon kitschiges Postkarten-Wetter lässt das Grün der Felder noch intensiver erscheinen.










Zurück ins Hotel und an den Abendtisch. Fettige, aber gschmackige Käsespätzle stehen am Speiseplan. Nachdem alle Patienten die in der Region leben, also ca. 70%, nach Hause fahren und sich vom Essen abgemeldet haben, ist der Speisesaal dementsprechend leer. Auch unser Tisch ist von sechs auf zwei Personen geschrumpft. Nichts desto trotz zeigen wir Flagge und begeben uns auf den Kur- und Rehabpfad. So nennt man den Weg von der Klinik zur 5 Gehminuten weiter entfernten Buschenschank. Sehr tolle Hütte wo nur Eigenprodukte angeboten und verkauft werden. Und das zu einem Preis den sich so mancher Heuriger bei uns abschauen könnte. Das Apfelmost nicht so ganz meine Geschmacksnerven trifft merke ich auch nur bei der „ersten Hoibe”. Nach ein paar Most und Zirbenschnäpse gehts zurück in die Klinik. Natürlich rechtzeitig kurz vor 21.45 Uhr um bei der letzten Runde noch ein “Schlaftablettale” bestellen zu können. Eine kleine aber feine Herrenrunde steht an der Bar und ein Witz jagt den nächsten. Irgendwie habe ich das Gefühl auf einem Dorffest zu sein, das sich alle untereinander kennen. Es werden Geschichten ausgetauscht und natürlich bei fortgeschrittenem Alkoholkonsum versucht den jeweiligen Vorredner zu übertrumpfen. Man tauscht sich aus wer wohl den schlimmsten Rausch ever hatte. Als der Letzte in der Runde mit zwei angeblich komatösen Tagen schon siegessicher das Bier zum Siegesschluck ansetzte, meldet sich ein älterer Herr an der Bar, der die ganze Zeit offensichtlich mit beiden Ohren bei dem alkoholisiertem Schwanzvergleich zugehört hat. Er spricht zu seinem Spritzerglas im besten Simmeringer Slang und würdigt dabei der Runde keines Blickes: „Oida, i woar 40 Joar Postler. Dazö ma nix von ana Fettn.“
Amen und Gute Nacht.

Freitag, 17. Mai 2013

Tag 3 | Ein Knacks, ein Schrei


Heftige Kopfschmerzen wecken mich um 6.00 Uhr auf. Blöd das ich kein Thomy bei mir hab. Um 8 muss ich eh zur Ärztin. Die wird sicherlich irgendwo in ihrem Apothekerschrank ein Thomapyrin für mich übrig haben. Bis dahin muss ich eine Runde leiden. Die Ultraschallbehandlung davor macht's auch nicht besser.
Bei der Visite werde ich dem Oberarzt, einem sehr sympathischen Kerl, vorgestellt. Nachdem ich dem auch meine Geschichte erzählt habe zieht er sich seinen Arztkittel aus und stellt sich hinter mich. Ok,... was passiert jetzt? Er bitte mich, mich so weit wie möglich nach vorne zu beugen. Ich soll also quasi mit den Händen den Boden berühren. Die Hände kommen bis knapp übers Knie.
Ich verschränke die Arme im Genick und der OA packt mich wie bei einer Wasserrettung in den verschränkten Armen und meint ich soll mich nach hinten fallen lassen. Ein Knacks, ein Schrei! Noch bevor ich irgendwas sagen konnte, sagte er ich solle noch einmal die Übung von vorhin versuchen. Ich kam auf Anhieb und ohne Schmerzen 15 cm tiefer als noch vor 1 Minute. Yeah!! Er zerrte noch an meinen Beinen und Armen und meinte lapidar das ich extrem verkürzt bin. Ich meinte trocken, dass es nur Muskelmäßig sein kann. Er lachte und sagte:„Wohl, wohl musst imma fest dehnen noch de Therapien. Des wird scho!” Wohl, wohl. Super Fortschritt am zweiten Tag! So kann’s weiter gehen.


Das erste Krafttraining findet in der sehr schicken, hauseigenen „Altis Arena“ (Gym-Bude) statt. In dieser wurden schon Sportgrößen wie Thomas „Morgi“ Morgenstern nach seinem Sturz in Kuusamo, und zahlreiche Eishockey-, Fußball- und Volleyballspieler in Form gebracht. Sagen zumindest die viele Bilder mit den speziellen Widmungen in den Gängen.
Danach ein erstes Highlight. Meine erste Schlammpackung. Nachdem man von oben bis unten in heißen(!) Schlamm eingeschmiert wird kommt eine dünne Plastikfolie darüber. Zum Schluss noch eine dicke warme Decke. Als ob es unter dem Plastik nicht eh schon genug Dampfen würde. Und jetzt das geilste. Man liegt dabei auf einer Art Wasserbett dass, sobald man fix und fertig mumifiziert ist, sich in wohlig warmes Wasser senkt. Man hängt nun ohne Stabilisierung im Wasserbett. Und jetzt wird’s erst richtig warm. Nach der Behandlung spritzt der Therapeut mir den Schlamm vom Körper. Irgendwie erinnert mich diese Situation an die Szene bei Rambo 1... Der Therapeut dürfte das an meinem Blick gemerkt haben und meint nur lachend das wir hier nicht im Gefängnis sind. Na dann ist ja alles cool.

Nachdem es meinem Rücken offensichtlich besser geht, hüpf ich vor dem Abendessen noch schnell ins Hallenbad um ihn zu testen. Was soll ich sagen. Vier Längen geschwommen dabei die letzte sogar recht zügig.

Nach dem üppigen Abendmahl (Cottage Cheese mit Käsevariationen und Obst) entere ich mit meinen Tischkollegen einen urigen Bauernhof. Selbstgemachtes steht im Vordergrund und natürlich auch Hochprozentiges. Sehr nette Leute dort, bis das Thema auf die Zweisprachigkeit kam...
Kurz vor 22 Uhr treffen wir in der Klinik wieder ein. Der Gemischte Chor Althofen rockt das Café. Wir schaffen noch grad die Bestellung für die letzte Runde und ich bin fasziniert von der Atmosphäre. Hier tobt der Bär ähnlich wenn in Nikitsch die Lole aufgeigen. Die Meute geht steil. Es ist 22.05. das Licht wird abgedreht und somit recht eindeutig auf die nächtliche Ruhezeit hingewiesen. Wie auch anders, eine Nummer geht noch. Der Chor stimmt zum ultimative Finale an „Dirndle vom Rosental“. Die letzten Hemmungen fallen wie abgetragene Stützstrümpfe und der Mob singt sich die Kehle wund. Aber es gibt nix mehr zu trinken. Diese Party stinkt.

Heute war ein guter Tag.