Dienstag, 4. Juni 2013

Tag 22 | Last Train Home

Als ich kurz vor 07:00 Uhr zum Speisesaal komme, steht dort schon eine Schlange an Leuten die darauf warten, dass sie das Frühstücksbuffet stürmen können. Es ist ihnen auch nicht zu verdenken, da die meisten Therapien zwischen 07:00 und 7:30 Uhr beginnen und man wenig Zeit für ein ruhiges Frühstück hat, wenn der Terminplan eng gesteckt ist. Ich geh erst mal vor die Tür um etwas Morgenluft zu schnappen. Das es regnet muss ich ja wohl nicht erwähnen.
Ich verlasse um 07:30 Uhr den Saal und verabschiede mich von meinen Tischkollegen. Auch von den neuen. Es sind wieder sehr viele neue Gesichter dabei die sich durchfragen wo welche Behandlungszimmer sind und wie sie denn dort hin kommen. Anfänger.

Ich hole noch meine Sachen vom Zimmer und gebe gemeinsam mit dem Schlüssel auch meine Therapiekarte ab und zeige noch ein Dokument, dass ich auch wirklich heute die Klinik verlassen darf. Im Gegenzug erhalte ich die Aufenthaltsbestätigung und einen Brief für meinen Arzt. Das Taxi wartet bereits vor der Tür, die älterer Dame öffnet mir den Kofferraum damit ich mein Gepäck einladen kann und ab geht's Richtung Bahnhof. Eine etwas unsichere Fahrweise legt die Dame an den Tag und ich bin froh als wir den Bahnhof erreichen.
Vom Bahnsteig aus kann ich die Klinik am Berg sehen. Ein letzter Blick den Hang hinauf bevor der Railjet pünktlich einfährt.

Tja, drei Wochen Reha sind nun vorbei und während ich die Zeilen hier schreibe sitze ich im Zug der mich nach Wien zurück bringt.
Ich hab in den letzten Wochen einige Leute kennengelernt  und hatte eine wirklich gute Zeit. Auch weil ich bald merkte, dass die Therapien bei mir anschlagen und es mir von Tag zu Tag besser ging. Ich habe aber auch gesehen, dass meine Verletzung im Gegensatz zu anderen hier, ein jammern am hohen Gesundheitsniveau ist.

Ein junger Kerl hatte sich bei Waldarbeiten den Unterschenkel mit der Motorsäge fast bis zur Gänze abgetrennt. Im Spital musste ihm dann das Bein unterhalb des Knies leider abgenommen werden. Schisportverletzungen wie mein Tischkollege Robert sie hat (gebrochenes Schienbein und Schienbeinkopf, gerissene Bänder) sind hier an der Tagesordnung. Ein junges Mädl ist auch hier mit gebrochenen Lendewirbeln nach einem Autounfall. Gleiche Ursache aber eine weit schlimmere Verletzung als bei mir. Ein Betrunkener ist frontal in das Auto gekracht und hat den Fahrer neben ihr getötet. Der Betrunke ist Querschnittgelähmt und sie hatte "Glück" mit zertrümmerten Wirbeln, kann sich aber noch immer nicht richtig bücken und hat Höllenschmerzen bei schnelleren Bewegungen. Laut den Ärzten wird sie nie wieder Schmerzfrei sein.

Ich bin froh, dass bei mir alles so ist wie es ist und danke wem auch immer dafür.

In wenigen Stunden werde ich also wieder meine Familie sehen und versuchen den Alltag zu bewältigen. Mit der Erkenntnis, dass ich selber auch aktiv werden muss um völlig Schmerzfrei zu werden, werde ich mir die Trainigspläne zu Herzen nehmen die ich mitbekommen habe. Wir werden schließlich alle nicht jünger.

Abschließend möchte ich mich bei Euch Allen, die in den letzten Wochen meinen Blog verfolgt und kommentiert haben, herzlich bedanken. Obwohl es doch anstrengend war jeden Tag zu berichten haben mich die Anekdoten dazu angespornt es trotzdem zu tun. Wäre ja schade um die schönen Erlebnisse wenn niemand davon erfährt.

In diesem Sinne verabschiede ich mich mit den Worten unseres Stratos-Felix: „I'm coming home now.“

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